• Planung:
    Bruno Spagolla Architekt, Bludenz
  • Fotos:
    Leo Forte, Thüringen
    Gerhard Klocker, Thüringerberg
  • Architektur:
    Natürlich, funktional, geradlinig
  • Innen und Außen:
    Homogenes unbehandeltes Fichtenholzkonzept
  • Bauweise:
    Nadelstreifholz Fichte
  • Dämmung:
    Weichfaserplatten
  • Energiekennzahl:
    < 15 kWh/m²/a
  • Ökologie:
    Konsequente Umsetzung des Ökoleitfadens, Passivhaus
  • Nachhaltigkeit:
    1000 Festmeter Fichtenholz
    aus eigenen Waldungen
  • Wertschöpfung:
    Holz aus der Region
  • Holzbaupreis 2011:
    Kategorie: Öffentliche Bauten

Typische Walserdörfer sind Streusiedlungen. Auch Thüringerberg ist so gewachsen. Ein Ortskern fehlte lange Zeit. Als der Sunnasaal errichtet und das Gasthaus Sonne renoviert wird, steht diese Vision, im Bereich rund um die Kirche ein lebendiges Zentrum zu errichten, ebenso im Vordergrund wie etwas später, als gleich daneben das neue Gemeindeamt mit dem Büro des Biosphärenparks Großes Walsertal und vier Wohnungen entstehen. Mit der Volks- und Musikschule, dem Sennereilada, der Bücherei sowie dem neuen Feuerwehrhaus und Kindergarten sind nun wichtige kommunale Einrichtungen in einem „Ballungsraum” vereint.

Als die Ortsfeuerwehr Raumbedarf anmeldet, wird der Ausschuss Zentrumsgestaltung gegründet. Dieser soll die gesamte Infrastruktur im Ort unter die Lupe nehmen - mit Blick auf die nächsten zwanzig Jahre. Im Bereich Kinderbetreuung gibt es Handlungsbedarf, der Andreaschor und die Musikschule wünschen sich einen Raum für Proben und kleinere Aufführungen. Dieser könnte als Seminar-, Schulungs- und Vortragssaal eine Lücke im öffentlichen Raumangebot schließen. Aber wo und wie sollten die vielfältigen Wünsche unter einen Hut gebracht werden? Als sich herauskristallisiert, dass es kostengünstig und ortsräumlich wünschenswert wäre, alle Nutzungen unter einem Dach zu vereinen, sind Diskussionen vorprogrammiert. Man einigt sich, nur ein Konzept zuzulassen, welches jedem Bereich einen eindeutigen Platz zuordnet.

Sechs Architekten mit sechs völlig unterschiedlichen Lösungsansätzen nahmen
an dem Wettbewerb teil. Trotzdem entscheidet sich die Jury einstimmig für einen Sieger. Die gewählte Anordnung des Bauvolumens schafft die erwünschte Markierung des Ortseingangs und schließt gleichzeitig den Festplatz nach Osten ab. Die Fahrzeughalle der Feuerwehr weicht Richtung Hang zurück und lässt damit Raum für einen Vorplatz, der für Übungen genutzt werden kann. Alle Aufenthaltsräume von Feuerwehr und Kindergarten sollen in einem massiven Holzbau Platz finden, der genau parallel zur Straße verläuft. Die Fahrzeughalle, Werkstätten und Sanitärräume der Feuerwehr werden parallel zur Geländekante in den Hang betoniert. Dadurch weitet sich der Baukörper im Obergeschoss trapezförmig zum Dorf – eröffnet eben Einblick mit Ausblick.

Schon von Anfang an ist klar, dass Thüringerberg ein Passivhaus bekommt, mit minimaler Belastung für die Umwelt aus ökologischen Materialien errichtet. So werden bei der Ausschreibung der Bauarbeiten Firmen bevorzugt, welche Dieselpartikel-Filter einsetzen. Das Aushubmaterial wird zum späteren Verfüllen beiseite gelegt. Das Holz aus dem Thüringerberger Wald wird nur ein kurzes Stück transportiert - ins Sägewerk und wieder zurück. PVC wird konsequent vermieden - auch bei den Elektro-Installationen. Formaldehydhaltige Kleber, Farboder Dämmstoffe und schwermetallhaltige Farben
sind nicht zu finden.

Die Nutzer werden einbezogen. Die Feuerwehrleute reinigen ihre Fahrzeuge und Geräte umweltfreundlich mit einer Leitung zum Solarspeicher. Ein eigener Kärcher frisst nämlich zuviel Strom. Feuerwehrler, Kinder und Betreuerinnen werden ständig mit frischer Luft versorgt. Sobald der CO2-Gehalt in den Räumen eingestellte Werte übersteigt, wird die Luft automatisch ausgetauscht. Trotzdem ist es möglich, zu lüften. Die Nutzer werden auch entsprechend geschult. Insbesonders während der Heizsaison soll aber die automatische Belüftung energiesparend für optimales Raumklima sorgen. Die Wärme aus der abgesaugten Luft wird wieder in den Heizkreislauf übernommen.

Gemeinde Thüringerberg

Mich freut, dass die Thüringerberger konsequent nur Holz aus dem eigenen Wald verbauen. Alle Wände, Decken, Stützen, Träger, jede Dachlatte, Bodendiele, Tür, jeder Fensterrahmen und fast alle Möbel sind aus Thüringerberger Fichte gefertigt. Das ist wirklich einzigartig! Auch die spätere Montage einer Photovoltaik-Anlage ist bereits vorgesehen. Als Architekt finde ich es einfach toll, wenn sich ein Bauherr so konsequent zu so hohen Qualitätsstandards verpflichtet.

Bruno Spagolla Architekt