- Planung:
Marte.Marte Architekten, Feldkirch
- Fotos:
Faruk Pinjo
- Tragwerk:
Fachwerk Spannweite 65m Stützenfrei - Decke:
Akustik-, Licht- und Tontechnik - Holzbaupreis 2017:
Kategorie: Öffentlicher Bau - WINNER:
GERMAN DESIGN AWARD
Von der radikalen Transformation eines in die Jahre gekommenen Gebäudekomplexes hin zu neuen, festlichen Rahmenbedingungen für den Handel von Produkten, Ideen und von Kunst.
Das Messe-Areal wurde Mitte der 1970er Jahre aus Platzgründen an den Stadtrand verlegt, in mehreren Etappen bebaut und Zug um Zug erneuert - namhafte Architekturbüros zeichnen für einige Bausteine der 14 Hallen verantwortlich. Im 2012 erstellten Masterplan umreißt man den anstehenden Umbau der Westachse – die Agora, der zentrale Platz sollte gestärkt werden, die Orientierung innen wie außen galt es zu verbessern, die Abfolge und Funktion der Hallen verlangten nach mehr Abstimmung.
Marte Marte Architekten überzeugten 2014 beim geladenen Wettbewerb mit einem herausragenden Wurf, geprägt von Wucht und Zurückhaltung. Die kraftvolle Geste der emblematischen Großform - vier Hallen werden in einem gigantischen, monolithischen Baukörper von 170 m Länge, fast 70 m Breite und 16,50 m Höhe vereint - ordnet das bestehende Konglomerat, lädt es mit Energie neu auf.
Das Rückgrat bildet die innere Erschließungsachse – raumhohe verglaste Öffnungen leiten durch die Abfolge der Hallen – Rot, Schwarz, Rot, Schwarz. So einprägsam die elliptischen, hyperbolischen Einschnitte an den beiden Längsflanken sind, so eindringlich ist auch die Farbgebung des Riesen - satte, reine Farben ohne Abschattierungen wie in der Heraldik.
Imposant ist die Dimension und Kraft der Räume. Der gesamte Komplex ist mit einem rund 4,50 Metern hohen Fachwerk aus Holzleimbindern über dessen Breitseite überspannt, optisch beinahe Mann an Mann. Eine Zwischendecke verkleidet die Installationsebene, nur der Untergurt bleibt sichtbar. Zwischen den Fassadenstehern mit Querriegel öffnen rund 70 Türen den Weg im Brandfall ins Freie, darüber verhindern im Raster versetzte Akustikplatten das gefürchtete Flatterecho und sorgen für veranstaltungstauglichen Klang. Schwarz in Schwarz. Funktion in Konstruktion. Das spektakuläre Foyer zwischen den beiden Hallen gibt sich ganz in Rot, fünf elliptische Bögen der tragenden Betonscheibe formen Arkaden und trennen so den Besucherstrom von den Rastenden im Bistro. Lichttechnisch spielen die unterschiedlichen Sequenzen des Hauses alle Stücke: Tunable White versetzt die Schau- und Veranstaltungsräume in das atmosphärisch passende Ambiente.
Was den Ansatz von Marte Marte zusätzlich von den anderen Wettbewerbsvorschlägen abhebt ist die Gleichstellung von Gästen, Aussteller und Zulieferer. Von den beiden westseitig eingeschnittenen, karminroten Höfen dient der eine als Zugang für die Besucher, der andere der Anlieferung von Gütern. Das Gebäude unterscheidet somit nicht zwischen Vorder- und Rückseite, sondern ist allseitig repräsentativ und funktional.
Mit dem schwarzen Riesen haben Marte Marte einmal mehr über die Aufgabe hinausgedacht und ein Bauwerk von emblematischer Wirkung geschaffen, das einen festlichen, funktionellen Rahmen für die Agora am Stadtrand bietet. Es lebe die Polis!
MARTE.MARTE ARCHITEKTEN
Diese engagierten Messehallen und intelligenten Raumhüllen überzeugen auf Anhieb. Länge/Breite/Höhe ergeben allerorts das gleiche nutzbare Raumvolumen, darüber hinaus bleibt ein angemessener baukünstlerischer Ansatz, kombiniert mit einem raffinierten statischen Tragwerk, leider die seltene Ausnahme. 65 Leimholz-Fachwerkträger liegen jeweils auf raumhohe Holzstützen auf, deren stringente Abfolge am Ende von Sichtbetonwänden räumlich begrenzt wird. Das bewusste Ausblenden der Fachwerkskonstruktion oberhalb des Untergurts und das farbliche Differenzieren der Struktur, verleiht der Halle nicht nur eine elegante Ästhetik, sondern überzeugt durch seine selbstverständliche Logik.